Wer ist hier dick?

11.03.2014 20:15

Für Ärzte und Wissenschaftler ist Übergewicht kein ästhetisches Problem, sondern ein gesundheitliches, das sich messen lässt.

Mit dem Forschungsstand verändern sich die Methoden dafür.

Dicke wissen, dass sie dick sind - sollte man meinen. Doch das ist wohl ein weitverbreiteter Irrtum. In einer britischen Befragung von mehr als 2000 Männern offenbarte sich, dass ein erheblicher Teil zwar einen ordentlichen Wanst hatte, diesen aber leugnete. Bei Frauen sei das bei Weitem nicht so ausgeprägt, sagte Jane Wardle aus London, Leiterin der Studie. Von ihnen wüssten deutlich mehr, dass sie Übergewicht haben.

Schon für den Hausgebrauch genügt es also nicht unbedingt, in den Spiegel zu schauen. Ärzte und Ernährungsberater brauchen erst recht objektive Kriterien, um zu sehen, ob das Gewicht schon ein gefährliches Maß erreicht hat. Inzwischen existieren verschiedene Formeln und Richtwerte, um zu ermitteln, ob ein Mensch dick oder sogar fettleibig ist. Einige von ihnen sind umstritten, vor allem der weithin bekannte, aber vereinfachende Body-Mass-Index (BMI). Ganz ausgedient hat er unter Fachleuten dennoch nicht - schon weil seit Jahren fast alle Studien, die Übergewicht und seine gesundheitlichen Folgen bewerten, auf ihm basieren und die Erfolge neuer und alter Methoden anhand dieses Werts besser vergleichbar sind.

Als aussagekräftiger gelten heute der Taillenumfang (englisch: waist circumference) und das Verhältnis von Taille zu Hüfte (englisch: waist-to-hip-ratio). Mit ihnen lässt sich das individuelle Risiko für Diabetes, Herzinfarkt oder Schlaganfall besser erfassen, außerdem sind sie ohne größere Rechenkünste mit einem Maßband einfach zu ermitteln.

Body-Mass-Index (BMI)

Seit 1997 nutzt die Weltgesundheitsorganisation den BMI, um Grenzwerte für Normalgewicht anzugeben. Der BMI setzt das Körpergewicht ins Verhältnis zur Körpergröße. Die Rechenformel lautet: Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch Körpergröße in Metern zum Quadrat.

Beispiel: Bei einem Gewicht von 65 Kilogramm und einer Größe von 1,70 Metern ergibt sich demnach ein BMI von 22,49. Die Formel gilt für Männer und Frauen gleichermaßen. Als "normal" gilt bei Erwachsenen ein BMI von 18,5 bis 24,9. Bei Werten über 25 spricht man von Übergewicht, bei einem BMI über 30 von Adipositas (Fettleibigkeit).

Liegt der Wert unter 18,5, gilt die Person als untergewichtig. Die Grenzen des BMI - etwa 25 oder 30 - gelten aufgrund der Fünfer-Schritte als besonders einprägsam, was womöglich den Erfolg des Maßstabs erklärt.

Die Grenzwerte fußen auf der Studie einer amerikanischen Lebensversicherung aus den 50er Jahren, die Prämien für ihre Policen kalkulieren wollte. Damals wurden fünf Millionen Amerikaner gewogen und das angegebene Gewicht mit dem erreichten Lebensalter verknüpft. Dabei stießen die Versicherer darauf, dass sowohl Gertenschlanke als auch extrem Dicke jünger sterben als Personen mit gewöhnlicher Figur - nach dieser Logik ist das Normalgewicht das erstrebenswerte Optimum, das mit dem BMI dann zementiert wurde.

Seit 1997 nutzt die Weltgesundheitsorganisation den BMI, um Grenzwerte für Normalgewicht anzugeben. Der BMI setzt das Körpergewicht ins Verhältnis zur Körpergröße. Die Rechenformel lautet: Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch Körpergröße in Metern zum Quadrat.

Beispiel: Bei einem Gewicht von 65 Kilogramm und einer Größe von 1,70 Metern ergibt sich demnach ein BMI von 22,49. Die Formel gilt für Männer und Frauen gleichermaßen. Als "normal" gilt bei Erwachsenen ein BMI von 18,5 bis 24,9. Bei Werten über 25 spricht man von Übergewicht, bei einem BMI über 30 von Adipositas (Fettleibigkeit).

Liegt der Wert unter 18,5, gilt die Person als untergewichtig. Die Grenzen des BMI - etwa 25 oder 30 - gelten aufgrund der Fünfer-Schritte als besonders einprägsam, was womöglich den Erfolg des Maßstabs erklärt.

Die Grenzwerte fußen auf der Studie einer amerikanischen Lebensversicherung aus den 50er Jahren, die Prämien für ihre Policen kalkulieren wollte. Damals wurden fünf Millionen Amerikaner gewogen und das angegebene Gewicht mit dem erreichten Lebensalter verknüpft. Dabei stießen die Versicherer darauf, dass sowohl Gertenschlanke als auch extrem Dicke jünger sterben als Personen mit gewöhnlicher Figur - nach dieser Logik ist das Normalgewicht das erstrebenswerte Optimum, das mit dem BMI dann zementiert wurde.

Wo der BMI an seine Grenzen stößt

Hauptmanko des BMI ist, dass er nicht zwischen Muskeln und Fett unterscheidet. Ein Athlet mit ansehnlichen - und schweren - Muskeln hat automatisch einen hohen BMI, obwohl er kaum ein Gramm Fett auf den Rippen hat. Gegen ein höheres Gewicht dank Muskeln ist allerdings nichts einzuwenden. Als prominentes Beispiel für die Schwäche des Indexes wird gern der frühere Bodybuilder Arnold Schwarzenegger herangezogen. Sein BMI soll bei gutem Trainingsstand zeitweilig bei 31 gelegen haben. Aber: Die wenigsten Menschen mit einem BMI über 30 sind vom Typ Schwarzenegger. Bei den meisten handelt es sich eben doch um vermehrte Fettmasse.

Auch das Alter wird beim BMI nicht berücksichtigt, obwohl das Gewicht mit den Jahren leicht ansteigt, da der Energieverbrauch sinkt und trotz gleicher Ernährungsgewohnheiten ein paar Pfunde mehr durchaus normal sind.

 

Taille-Hüfte-Verhältnis (Waist-to-hip-ratio, WHR)

Nach neueren Erkenntnissen kommt es bei Übergewicht vor allem darauf an, wo der Speck sitzt. Deshalb wird heute vermehrt auf das Verhältnis von Taille zu Hüfte geachtet (englisch: waist to hip ratio, WHR). Dazu misst man mit dem Maßband zunächst die Taille (etwa in Nabelhöhe), dann den Umfang der Hüfte (an der dicksten Stelle). Die Formel lautet: Taillenumfang in Zentimetern geteilt durch Hüftumfang in Zentimetern.

Ein Ergebnis von 0,7 gilt bei Frauen als perfekter Wert, bei Männern ist es 0,9. Fettdepots um den Bauch (der sogenannte Apfeltyp) erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten und Diabetes stärker als solche an Oberschenkeln, Po und Hüfte (Birnentyp). Von bauchbetontem Übergewicht wird ab einem Wert von mehr als 0,85 bei Frauen oder 1,0 bei Männern gesprochen.

Auch die Aussagekraft der WHR stößt an Grenzen. Zwar ist er besser geeignet, wenn es darum geht, das durch Stoffwechselstörungen entstehende gesundheitliche Risiko zu beurteilen. Bei anderen Folgen von Übergewicht, etwa bei orthopädischen Problemen, zählt hingegen eher das Gesamtgewicht. Da hilft die WHR wenig.

Taillenumfang

Als mindestens ähnlich aussagekräftig wie das Taille-Hüfte-Verhältnis wird inzwischen die alleinige Messung des Bauchumfangs angesehen (englisch: waist circumference).

Nach Ansicht der Experten steigt mit dem Bauchfett das Risiko für Herzleiden. Bei Frauen gilt ein Umfang von weniger als 80 Zentimetern als unbedenklich, von 80 bis 87 Zentimetern ist die Erkrankungsgefahr erhöht, bei noch größerem Umfang deutlich erhöht. Bei Männern halten die Experten das Gesundheitsrisiko bei Messergebnissen von 94 bis 101 Zentimetern für erhöht, bei Werten darüber für deutlich erhöht.

Referenzwerte für Kinder

Die Grenzwerte für Erwachsene sind auf Kinder nicht übertragbar. Als grober Maßstab dient bei ihnen die "Hänsel-und-Gretel-Methode". Bei leichtem Kneifen sollten die Hautfalten auf dem Rücken nicht dicker als ein Zeigefinger sein.

Wer es nüchterner möchte, kann sich auch am BMI orientieren. Für Kinder wurden Normtabellen erstellt, die je nach Alter und Geschlecht unterschiedliche BMI-Grenzen für Normal- und Übergewicht angeben. Bei Kindern, deren Gewicht an der Schwelle von normal zu übergewichtig liegt, empfehlen Ärzte, sich nicht sklavisch an mathematischen Vorgaben zu orientieren, die keine individuellen Eigenarten berücksichtigen. Wichtig sei auch, ob die Kinder trotz Wohlgenährtheit tatendurstig und aktiv sind.

Dennoch sollten Eltern rechtzeitig gegensteuern, wenn es nötig ist, und eventuell eine Ernährungssprechstunde aufsuchen. Denn Kinder, die schon mit vier Jahren dick werden, sind gefährdet, auch als Erwachsener zu dick zu sein.